Passagen 2015 – Tag 1: Innenstadt und Belgisches Viertel

Seit 25 Jahren finden in Köln parallel zur Internationalen Möbelmesse die Passagen statt. In der ganzen Stadt sind an unterschiedlichsten Locations Design-Produkte, Möbel, Wohnaccessoires zu sehen.

Mein erster Weg führte mich ins Belgische Haus, aka Belgisches Generalkonsulat,  wo 24 Designer aus Brüssel unter dem Titel „Mad about Living“ ausstellen. Der Kontrast könnte nicht größer sein: Das Haus hat ein elegantes und stilvolles in Art Deco Interieur und die Ausstellung befindet sich in einer komplett abgerockten Baustelle. Roher Boden und teilweise aufgerissene Wände. Schöne Idee: Auf dem Boden ist in türkis der Grundriss einer Wohnung aufgezeichnet, auf den Wänden Türen und Küchenzeile.
Besonder gut gefielen mit die Lampen The Lovers von Frederik Delbart und das Bett Le lit (was sicher nicht für Bandscheibengeschädigte geeignet ist) von Linda Topic und Antonin Bachet.

[Im September 2015 soll das Generalkonsulat geschlossen werden. Was dann mit dem Haus geschieht ist bis jetzt noch unklar]

[Edit 2020: Seit 2019 ist es der Interimsstandort des Römisch-Germanischen-Museums. Das Belgische Generalkonsulat ist nach Berlin abgewandert. ]

Weiter ging es zum Kölnischen Kunstverein, wo die Ausstellung des A&W-Designer des Jahres 2015 – Michele De Lucchi – stattfindet. Der Gestalter der Tolomeo Leuchte und Mitbegründer von Memphis und Coop Himmelblau „ist Architekt und Designer, Bildhauer und Modellbauer, Fotograf und Schriftsteller, Revolutionär, Professor, Philosoph und Unternehmer. Er versteht sich als Erforscher verborgener Geschichten, denen er eine Form gibt„. (Michele De Lucchi, der forschende Grenzgänger, A&W Magazin)

Michele De Lucchi, Kölnischer Kunstverein, Passagen 2015
Neben der Tolomeo Leuchte und einem Prototypen sind architektonische Holzmodelle und -studien ausgestellt, die von natürlichen Gefügen inspiriert sind. So liegen auf einem Ausstellungspodest auch nur mal eine handvoll Kieselsteine. Eine sehr schöne, zurückhaltende und fast meditative Präsentation.

Auf eine Stippvisite bei meinem ehemaligen Arbeitgeber Neue Objekte. Dort ist ein fantastischer Droog-Showroom entstanden. Droog hat, inspiriert von der Sammlung des Rijksmuseum Amsterdam, ein kleines City Appartement entworfen, inklusive Tapeten, die von den Gemälden Vermeers und Rembrandt beeinflusst sind. Einzelne, jahrhundertalte Objekte der Sammlung wurden neu interpretiert, wie z. B. ein Tafelaufsatz von Wenzel Jamnitzer, üppig dekoriert mit kleinen magnetischen 3D-gedruckten Miniaturen aus der Sammlung. Der kleine zweistöckige Laden im Marsilstein 6 ist konsistent durchgestaltet und -tapeziert und auch eine Pantry-Bar von Dtile fehlt nicht. Hingehtipp!

Weiter gehts ins Belgische Viertel. Im museum für verwandte kunst bin ich nicht mehr gewesen, seit es Katrin Bergman an ihre Tochter Pola übergeben hat. Dort hat sich einiges geändert: neue Graffitis, neue Bodenplatten im Eingang. Zu den Passagen werden Fotos gedruckt auf Holz, Lichtobjekte und Leuchten gezeigt, und ach, überhaupt gibt es dort immer wunderbare Dinge zu entdecken und bezahlbare Kunst zu kaufen.

In der Toreinfahrt der Stadtrevue gibt es die interaktive Installation „5 Sekunden Heimat“ von wiederverwandt.de zu sehen. Passt prima in ein 6 Sekunden Vine.

Mein nächstes Highlight sind die Teppiche von Jan Kath im Showroom by Nyhues in der Venloer Straße 16. Schon im vorigen Jahr zierte sein Teppich From Russia with love das Programmheft der Passagen und hing in der DQE Halle in Ehrenfeld. Nun also ein ganzer Showroom mit den sehr großartigen Teppichen Erased Heritage. Dazu werden Fotos von Lars Langemeier gezeigt. Er hat Kaths Teppiche in Bangkok aus extremer Vogelperspektive fotografiert und ganz wunderbare, grafische und aufgeräumte Bilder geschaffen.

Auf dem Heimweg habe ich noch bei Pesch hereingeschaut. Dort sind Gaga and Design der Hauptact. Ich geriet allerdings in den Cocktailabend und das Erdgeschoss war voller schwarzgekleideter Menschen. Die Stühle und die „raumgreifende Installation“ waren nahezu unsichtbar. In der etwas leereren ersten Etage verstörte mich zunächst das Lampenungetüm Marie Coquine von Philippe Starck, was der Mann sich dabei gedacht hat … ich weiß es nicht … Dann die Fläche von Baxter. Kannte ich vorher nicht, habe ich gegoogelt und ich finde die Möbel auf deren (schlimmer) Website alle ziemlich scheußlich. Die Leute bei Pesch haben aber ein Händchen dafür, die Dinge so zu arrangieren und dekorieren, so dass es wirklich fabelhaft aussieht, wie z. B. das currygelbe Sofa Chester Moon, das bezaubernde Loungechair Ensemble Bauhaus, der putzige Puschelstuhl Nepal (Ich nenne ihn liebevoll Määäh), oder die durch die pesch’sche Pistolendeko aufgeppten Beistelltische.

Das war der erste Streich, es stehen noch Ehrenfeld und Südstadt auf dem Programm.

Ein Kommentar

  1. Danke, Ute. Da man ja eh nicht alles angucken kann, freu ich mich über deinen Bericht. Witzig, wo ich heute noch das Rijksstudio gepostet hab, direkt in deinem Beitrag über Designer zu lesen, die sich davon haben inspirieren lassen.
    Freu mich über weitere Berichte und natürlich besonders, wenn wir uns morgen sehen.
    Herzliche Grüße von Anke

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