Was machen Sie eigentlich beruflich? – Patchwork rocks!

Gute Frage. Und oft komme ich ins stolpern, wenn ich sie beantworten soll, bzw. sage ich etwas anderes – je nach dem wer mich das in welchem Zusammenhang fragt.

So nehme ich die Blogparade  von Wibke Ladwig gerne zum Anlass, um mich selber zu sortieren.

Wenn ich Wibke richtig verstanden habe, geht es nicht unbedingt darum einen Beruf zu erklären  – obschon es mich auch interessieren würde, was Astrophysiker oder Förster so den lieben langen Tag machen – sondern die in den letzten Jahren entstandenen Tätigkeitsfelder zu beschreiben, für die es (noch) keine Namen gibt.


Erklärungsbedürftige Tätigkeiten habe ich seit meinem Studium: Objektdesign, einen Beruf, den es eigentlich gar nicht gibt und den ich auch nie ausgeübt habe. (Ich erinnere mich an meinen ersten Besuch beim Arbeitsamt, als die Sachbearbeiterin sagte: Objekt-Design, habe ich nicht in meiner Liste. Ich kann Mode-Design eintragen (??? Nein!)) Redaktionsassistentin, Multimediadesignerin. Web- und Grafikdesign sind da wohl noch relativ eindeutig.

Spätestens als ich anfing mich im Social Web zu tummeln, mir einfiel, dann ich jetzt auch noch Kunst machen will und meine Leidenschaft für das organisieren von Events im Kulturbereich entdeckte, wurde es ein bisschen kompliziert.

Schon im Studium wurde uns eingetrichtert: Spezialisieren Sie sich! Was im Laufe der Jahre diverse Berater, Coaches und Sonstige gebetsmühlenartig wiederholten. Ich habe mich nur nie dran gehalten. Weil mich so viele Dinge interessieren, weil es mir langweilig ist, mich auf eine Sache festzulegen, weil die Vorstellung, Tag für Tag, jahrein jahraus das Gleiche zu tun, für mich eine Horrorvorstellung ist.

Ich liebe mein Homeoffice und finde es toll mit Kollegen und im Team zu arbeiten. Ich mag die Arbeit am Rechner, die „virtuelle“ Welt, aber ich arbeite auch gerne mit den Händen (Ich habe vor ein paar Jahren deshalb nebenbei bei Caterern in der Küche gearbeitet und fand es ganz wunderbar, bis zu den Ellenbogen in Thunfischpaste zu stecken und Dinge zu produzieren, die in zwei Stunden fertig und lecker waren, mit dem Wissen, dass kurz darauf Menschen daran Spaß haben werden. Und ich war sehr zufrieden, als ich Mitte Januar für meinen Arbeitgeber die Passagen mit aufgebaut habe und abends mit Ganzkörpermuskelkater nach Hause kam.)  Ich schiebe ab und an gerne mal eine ruhige Kugel und brauche ab und an den Adrenalinkick, ich bin gerne im Büro und auch gerne unterwegs. Ich sehe mir gerne Dinge an, höre anderen gerne zu und stehe gerne auf der Bühne.

Mit dem berühmten Bauchladen bin ich mal mehr, mal weniger gut gefahren.
Irgendwann ging die Sache dann aber auf. Als ich feststellte, dass mein Job als Redaktionsassistentin für eine TV-Show (wo ich u. a. Castings betreute, Spielszenen geschrieben, Musik- und Fotoredaktion, Sponsorenakquise, Kandidatenbetreuung und Pressearbeit gemacht habe.) mir bei der Arbeit als Multimediadesignerin zu Gute kam: Wie werden Bewegtbilder, Musik, Licht, Farben, zeitliche Abläufe, Texte und Menschen zu einem Ganzen zusammengefügt. Als ich Grafikdesign Aufträge bekam, WEIL ich Kunst mache und Theater spiele. Ich kann Veranstaltungen unter anderem auch deshalb ganz gut planen, weil ich mal für das Fernsehen gearbeitet habe und Schauspielunterricht hatte, denn da habe ich was über Storytelling (hiess damals noch nicht so) und Dramaturgie gelernt.

Seit dem letzten Jahr arbeite ich auch in Teilzeitfestanstellung. Erst  bei einer Eventagentur, jetzt bei einem Designmöbel Vertrieb. Auch diese beiden Jobs habe ich bekommen, weil ich ein so breites Spektrum an Erfahrung und Know-How habe. Und selbst der aktuelle Job, der im Vertrag auf „Bürokraft“ lautet, könnte nicht diverser sein. Neben der Auftrags- und Kundenverwaltung kümmere ich mich um SocialMedia, gestalte und schreibe Newsletter und Pressemitteilungen, übersetze Texte, bin Verkäuferin im PopUp Store, baue Ausstellungen mit auf, usw.

Warum das alles ganz gut funktioniert, ist vermutlich, dass ich immer in kleinen Teams oder in kleinen Firmen gearbeitet habe. Die größte hatte ca. 15 Mitarbeiter, ich habe acht Jahre eine Agentur mit zwei Partnern geführt und zur Zeit mit Anke von Heyl und Wibke Ladwig zwei kongeniale Partnerinnen gefunden, mit denen es sich nicht nur vortrefflich ausbaldowern, planen und „rumspinnen“ lässt, sondern mit denen sich der unglaublich kreative Output flugs in konkrete Projekte umsetzen lässt.

Ich arbeite seit meinem Studium – also seit gut 20 Jahren – selbständig (mit 2 kurzen Exkursionen von 2,5 Jahren in die Vollzeitfestanstellung). Als Selbständige/Freiberuflerin macht man neben dem eigentlichen Beruf per se vieles in Personalunion: Vertrieb, Kundenberatung, Buchhaltung, Projektleitung, Geschäftsführung, Marketing, Sekretariat. Hinzu kommt, dass man als Selbständige eh immer flexibel, offen für Neues sein, sich stetig weiterentwickeln und ausserdem souverän mit Existenzängsten umgehen muss und ein Talent für Improvisation schadet ebenfalls nicht.
Das ist eine Mentalitätssache.

Nun habe ich immer noch kein Wort für das was ich tue. Ich habe viele Berufe und eigentlich ist jeder davon recht eindeutig,.
Ich gestalte gerne, ich kuratiere gerne, ich organisiere gerne, ich bringen gerne Dinge und Menschen die zusammenpassen zusammen und ich arbeite gerne interdisziplinär.
Ich bin ein kreativer, neugieriger und interessierter Mensch. Ich habe noch einiges in der Schublade liegen und möchte noch so viel mehr machen. Und es gibt einen Haufen Dinge, die ich definitv nicht kann (z. B. Astrophysik).

Katrin Zinoun sagt es in ihrem Beitrag gut: „Ich denke, viele „Medienleute“ sind Hybride: Zusammengesetzt aus verschiedenen Ausbildungen, Arbeitserfahrungen, eigenen Interessen und Initiative erschaffen sie völlig neue Berufe, die jeweils einzigartig sind.“

Ergänzen möchte ich, dass es nicht unbedingt nur die Medienleute sind, sondern dass es vielleicht ein Merkmal von kreativen Menschen im Allgemeinen und ein Merkmal unser Generation im Speziellen ist.

2 Kommentare

  1. Wunderbar…ich erkenne mich wieder…es gibt noch andere wie mich 🙂 Vielleicht lernen wir uns mal kennen?

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