Familienreisen 1969-1976

1973 Cesenatico

Ich habe ca. 1.500 Dias von meinem Vater digitalisieren lassen, nachdem ich alle vorher gesichtet und sicher die Hälfte entsorgt habe. Es geht los Anfang der 60er Jahre und endet Mitte der 80er Jahre. Seither arbeite ich mich da durch und versenke mich in Erinnerungen. Das ist zum Teil sehr schön, aber auch wehmütig. Ich sehe meine jungen Eltern mit den Augen der Erwachsenen und dadurch auch ganz neu. Ich würde sie gerne treffen, mich mit ihnen unterhalten, Fragen stellen, Dinge erklären, mich entschuldigen.

Ich hatte auf Instagram eine kleine Serien der Familienurlaube gepostet. Der erste ist 1969, es ging nach Tirol. Ich war drei Jahre alt und es ist mir rätselhaft, wie man sich mit einem Kleinkind, das man sicher sehr oft und lange tragen muss, für einen Urlaub in den Bergen entscheiden kann. Mir fällt auf, wie unpraktisch meine Eltern gekleidet sind. Meine Mutter im Kostüm, mein Vater mit Jackett und teilweise mit Krawatte. Auch ich wurde zum Teil schick gemacht.

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Berlin 1967

Brandeburger Tor 1967

Ich habe 1.500 Familienfotos digitalisieren lassen und schwelge jetzt.

U. a. waren da auch ein paar Fotos, die mein Vater im November 1967 bei einer Forbildung in Berlin gemacht hat. Die Mauer war da gerade mal 5 Jahre alt. Ich schätze, dass es meinen Vater sehr berührt hat, das zu sehen. Er wurde in Leipzig geboren, ist allerdings in Niedersachsen aufgewachsen, da meine Oma mit ihm gleich nach dem Krieg die „Ostzone“ verlassen musste. Aber es gab (und gibt) eine große Familie im Osten, die man seit Beginn der 60er Jahre eben nicht mehr so einfach besuchen konnte – und die schon mal gar nicht in den Westen reisen konnten.

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Eine Villa in Nippes – twittern hilft

Kretzer Villa, Köln Nippes

In Nippes steht eine Villa, die mich schon seit Jahr und Tag fasziniert. Weil ich sie wunderschön finde, sie einen außergewöhnlichen Anstrich hat und weil sie so gar nicht hierhin passt.

Neulich hatte ich versucht, etwas über das Haus herauszufinden und bin auf der Denkmalseite der Stadt Köln gelandet. Diese Seite ist einfach unterirdisch in der Bedienung und Funktionalität. Gucken sich die Leute, die sowas entwickeln eigentlich selber mal an? Die Suche funktioniert überhaupt nicht, also habe ich mich über die Buchstaben bis zur Nordstr. 17 a durchgehangelt. Ganz schlimm ist, dass man nur 10 Ergebnisse pro Seite angezeigt kriegt. Das heißt, nach jedem Klickt, die Seite nach unten scrollen, wieder klicken, Seite nach unten scrollen, etc.

Edit Januar 2024: Inzwischen führt die Stadt Köln auch so eine „interaktive“ Karte, wie die u. g. – was daran

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Atelierbesuch bei Peer Böhm

Nachdem der Kölner Künstler Peer Böhm nun zum zweiten Mal via Instagram ein Bild von mir zu Kunst verarbeiten wollte, stand ja mal ein Atelierbesuch an.

 

Peer BöhmPeer arbeitet mit alten Fotos, die er findet – oder sie ihn – so gut wie nie kommen sie aus seinem privaten, familiären Kontext. Was ihn genau anspringt, konnte er mir gar nicht richtig erklären. Oft ist es eine bestimmte Farbigkeit – die in seinen Bildern dann gar keine Rolle mehr spielt.

Die Fotos werden am Computer so bearbeitet, das sie nach einem Schwellenwertverfahren nur noch 2 Farben enthalten. Information ja oder nein. 0 oder 1. Dann werden die Bilder auf einen Malgrund übertragen. Peer arbeitet mit Kugelschreiber, Aquarell oder Acryl.

Das Thema das ihn antreibt ist Erinnerung.

 

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Wiederbegegnung – zeitgenössische Keramikkunst

Corinna Bernshaus

Es gibt ja diese wunderbaren Geschichten, wie sich Menschen über Social Media kennenlernen und dann entstehen daraus wunderbare Projekte, Beziehungen und Freundschaften.

Aber es geht auch andersherum.

Corinna Bernshaus kenne ich schon sehr lange. Als ich anfing zu studieren traf ich sie im Grundstudium im Werkstattkurs. Sie hatte ursprünglich Keramikdesign studiert, dann aber nach dem Grundstudium zu Objekt-Design gewechselt und musste dann noch nachträglich die Werkstattkurse absolvieren. So lernten wir uns zwischen Kreissäge, Schleifmaschine und Schweißgerät kennen und stellten schnell fest, dass wir viel gemeinsam hatten. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, verreisten gemeinsam, und da Corinna damals Musik machte, war ihre Band der Protagonist für meine Diplomarbeit. (In diesem Blogpost habe ich kurz was über die Intention meiner Diplomarbeit angerissen)

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The Playground Project – über Spielplätze

1976 eröffnete in Krefeld das Freizeitzentrum Süd, und damals war das eigentlich nur ein großer Spielplatz, auf den ich aber gerne gegangen bin. Neulich bin ich nochmal hingefahren und soweit ich mich erinnere, hat sich da in 40 Jahren nicht viel verändert. Es war an einem frühen Mittag und außer einem Vater mit seiner kleinen Tochter, hingen dort ein paar Alkoholiker ab, eine Frau sonnte sich auf einem kleine Stück verbrannten Rasen. Ansonsten: gähnende Leere im gleißenden Sonnenlicht.

Es gab damals in Krefeld einen Spielplatz, auf dem ein altes, stählernes, bunt bemaltes aber rostiges Schiff stand. DAS war Abenteuerspielplatz. So ein verrostetes Teil würde heute vermutlich nicht mehr durchgehen. Leider fällt mir nicht mehr ein, auf welchem Spielplatz das stand. Weiß das zufällig jemand?

Damals in den Siebzigern war dieses Seil-Klettergerüst etwas ganz neues. In der Ausstellung Playground Pproject indoor in der Bundeskunsthalle habe ich erfahren, dass der ehemalige Boxer Joseph Brown, der 1937 an der School of Architecture der Princeton University als Boxcoach angestellt war, einmal die Entwürfe für ein Spielplatzprojekt der Studenten kritisierte. Daraufhin fing er an zu experimentieren und entwickelte schließlich ein Spielgerät mit Seilen. Seine Erfahrung als Boxer war dafür ausschlaggebend: für ihn war der Gleichgewichtssinn wichtig und auch die Förderung der Reaktions- und Teamfähigkeit. Ich vermute, dass die Seilklettergerüste, die wir so kennen, auf seinen Entwürfen „Jiggle Ring“ und „Swing Ring“ beruhen. [Katalog]

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Spurensuche Tag 4 – Lommatzsch

Irgendwie erinnere ich mich aus den Erzählungen meiner Oma an den Namen Lommatzsch. In welchem Zusammenhang weiß ich leider nicht mehr. Lommatzsch ist die Stadt in der Lommatzscher Pflege.

Die Lommatzscher Pflege ist eine historisch gewachsene Region, deren Name seit 1517 in einer Stiftungsurkunde zugunsten des Klosters Meißen belegt ist.
Der Begriff
Pflege” bezeichnete im mittelalterlichen Feudalwesen einen Bezirk, der einem grundherrlichen Beamten zur Verwaltung übergeben wurde. Später wurde dies die allgemeine Bezeichnung für einen kleineren Verwaltungsbezirk. Bis heute hat sich – wie bei der Lommatzscher Pflege – der Begriff als Landschaftsbezeichnung erhalten.

Ich besuchte zuerst das kleine Heimatmuseum, das zwar rührig, aber doch arg strubbelig ist und keinerlei Ansatz zu irgendwelcher Recherche bietet. Ich bekam eine Adjutantin an die Seite gestellt, die mich durch das Haus führte und die eine oder andere Information einwarf. (Sie wartete sogar auf mich, als ich auf dem Weg zum Ausgang mal aufs Klo musste). Sie war erst recht mürrisch, taute dann im Gespräch aber merklich auf und war dann sehr freundlich. (wie sehr viel Sachsen übrigens) Es stellte sich heraus, dass sie selber erst seit vier Jahren in Lommatzsch lebt und mir somit keine konkreten Frage zur Vergangenheit der Stadt beantworten konnte.

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Spurensuche Tag 3 – emotional

Eigentlich wollte ich heute mal eine Pause machen. Seit neun Tagen bin ich ununterbrochen am tun und am machen, habe Trubel um mich. Heute morgen war ein bisschen die Luft raus. Ich habe etwas länger geschlafen, ein bisschen rumgedörmelt, telefonisch ein paar Dinge organisiert und dann einen Spaziergang gemacht und mich vom kräftigen Wind durchpusten lassen.
Dann dachte ich mir am Nachmittag, ach komm, dann fahre ich noch zu dem Ort, wo meine Großmutter bei ihren Großeltern aufgewachsen ist, das ist nämlich nicht weit von meinem Basecamp hier in Döbeln entfernt.

Ich wusste, dass es das Haus nicht mehr gibt. Meine Großmutter war mit meinen Eltern vor ca. 25 Jahren schon mal dort und da war es schon nur mehr eine Ruine. Da ich nicht wusste, wo genau das Grundstück ist, musste ich rumfragen, habe bei zwei Häusern geklingelt und dann waren da Leute, die schon immer dort lebten. Der alte Vater kam hinzu und er konnte sich tatsächlich noch an meinen Ururgroßvater erinnern. Der habe zu Feiertagen ein Grammophon rausgestellt und man hörte gemeinsam Musik. Seine Mutter habe immer gesagt, das Haus der Ururgroßeltern sei das schönste im Dorf. Auch an einen der Söhne konnte er sich erinnern. Von dem weiß ich, dass er im 2. Weltkrieg gefallen ist. Meine Großmutter kannte er nicht, aber ich habe dann in Gedanken kurz sein Alter überschlagen und vermutlich war sie schon fortgezogen, als er ein kleines Kind war.

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Spurensuche: Wilsdruff

Einer meiner Ururgroßväter wurde 1824 in Lichtenberg im Erzgebirge geboren. Er heiratete 1858 im gut 30 km entfernten Wilsdruff und starb 1883 im ca. 12 km entfernten Freital. Der Mann war Handarbeiter und Tagelöhner, von der Ururgroßmutter weiß ich fast nichts.

Historische Ansicht, Wilsdruff-Marktplatz

Nun ist mir bei meiner kleinen Spurensuchereise klar geworden, dass mich gar nicht so sehr die Geburts- Heirats- und Sterbedaten interessieren – die sind natürlich als Anhaltspunkte sehr wichtig – sondern das dazwischen.

Warum ist einer von A nach B gereist? Wie und wo haben sie gelebt? Wie sahen die Orte damals aus? Wie der Alltag? Wie ist der Bezug zur Regional- und Weltgeschichte?

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Spurensuche – Familienforschung

Seit bestimmt 15 Jahren will ich diese Reise machen, aber irgendwas fehlte immer: Auto, Geld, Zeit. Dann passte plötzlich alles, ich plante, arrangierte – und dann kam mir kurz vor knapp doch wieder das Leben dazwischen. Ich ziehe es trotzdem durch, auch wenn ich es verkürzen musste und inhaltlich völlig unvorbereitet bin: keine Termine bei Archiven, oder sonst wo. Ich stolpere einfach so von Ort zu Ort – in Sachsen.

Heute war ich in Lichtenberg im Erzgebirge. Mindestens drei Generationen meiner Vorfahren haben dort gelebt. Ich war als erstes bei der Dorfkirche, die blöderweise geschlossen war, habe auf dem Friedhof nach Namen gesucht, die ich unter meinen Vorfahren habe (und nichts gefunden, weil das alles zu lange zurückliegt). Habe vergeblich versucht das Pfarramt telefonisch zu erreichen. Dann bin ich einfach mal ins Rathaus spaziert, wurde von Kollegin zu Kollegin zu Kollegin verwiesen und saß dann bei einer sehr sympathischen Mitarbeiterin in einer kleinen Amtsstube und habe die Chronik des Nachbardorfs, die zur 800-Jahr-Feier herausgegeben wurde, quergelesen. Wir haben nett geplaudert, ich habe die Chronik des Hauptorts gekauft und zog wieder von dannen.

Kirche Lichtenberg i. E.

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