Landtag NRW: Demokratische Architektur

Neulich hatte ich die Gelegenheit, den Landtag NRW in Düsseldorf zu besuchen. Ich hatte mich vorab ein bisschen eingelesen, weil mich vornehmlich die Architektur interessierte. Ich war dann sehr angetan von der Website des Landtags, die sehr gut und auf Augenhöhe  informiert.

Insbesondere wird hier ausführlich die Geschichte des Baus erläutert, der 1988 fertiggestellt wurde. Hier ist alles rund, der runde Plenarsaal war der Wunsch der Abgeordneten und der Architekt Fritz Eller hat auf dieser Idee weiter geplant, was sich am besten in der Draufsicht erschließt.

Der Landtag NRW von oben, mit dem Schatten des Rheinturms

© Von Kevin P Nichols – I am the photographer, Gemeinfrei

Um diesen Plenarsaal herum befinden sich weitere Räume des parlamentarischen Geschehens. Unter dem Plenarsaal befindet sich die Eingangshalle, genannt Bürgerhalle und somit tragen die Bürger*innen des Landes die Abgeordneten. Das Gebäude zeigt sich offen, ich habe vergessen, wie viele Quadratmeter Glas hier verbaut wurden. Es gibt einen runden, gläsernen Besucher*innen-Aufzug, überall Durch- und Einblicke, auch das Dach des Plenarsaals ist gläsern.  Ich liebe es, wie hier die demokratische Idee in die Architektur übertragen wurde.

Interessant ist auch das Video Interview mit Fritz Eller, weiter unten auf dieser Seite.

Sehr spektakulär ist das Video über den Bau, das vom ausführenden Bauunternehmen Strabag zur Verfügung gestellt wird und die die ganze Bauphase dokumentiert haben. Das ist ein spannendes Zeitdokument. Irre, wie die Baugrube wegen eines Hochwassers geflutet wurde, um dem drohenden Wasserdruck standzuhalten und wie der Bauplan kurzfristig umgestellt wurde, damit man während dieser Zeit an seitlich liegenden Gebäudeteilen weiterbauen konnte. Wie kreativ und innovativ.

Und überall hängt Kunst: Gerhard Richter, Otto Piene, Günther Ücker, Ferdinand Kriwet, von dem das „Landeswappen Nordrhein-Westfalen“ hinter dem Landtagspräsidenten ist, falls ihr das mal im Fernsehen seht. Und ein Kunstdepot gibt es auch noch.

Außerdem gibt es eine Raum der Stille, der von Gotthard Graubner gestaltet wurde. Einen religionsfreien Raum, in den man sich mal zurückziehen kann. Mitgedachte Work-Life-Balance für Abgeordnete!

Nachdem ich dann schon so begeistert über meinen Besuch ge-mastodont und ge-instagramt hatte, empfahl mir jemand ein Video des WDR aus der Reihe Heimatflimmern über die Entwicklung des Düsseldorfer (Medien-) hafens.  [Verfügbar bis 13.06.2026]

Auch das ein großartiges Zeitdokument. Es ist aber auch eine traurige Geschichte von Gentrifizierung, wo Kunst und Kultur mal wieder auf der Strecke blieben.

Hier dachte ich sogleich auch wieder an die Ausstellungen der Fotografin Tata Ronkholz, die ich neulich besuchte, denn sie hatte von 1971 bis 1981 gemeinsam mit ihrem damaligen Kommilitonen Thomas Struth den Düsseldorfer Rheinhafen fotografisch dokumentiert, als der im Begriff stand sich komplett zu wandeln.

Was mich ein bisschen geärgert hat, dass die Autorinnen bei der Beschreibung des Rheintrums, der 1982 fertiggestellt wurde, und an dem sich die Lichtskulptur „Lichtzeitpegel“ befindet – die als die größte dezimale „Zeitskala“ der Welt gilt – den Künstler nicht genannt haben. Das war nämlich Horst H. Baumann.

2024 war im Museum für Angewandte Kunst Köln die große Retrospektive Apropos Visionär – Der Fotograf Horst H. Baumann des autodidaktischen Fotografen, Kommunikationsdesigners und Lichtkünstlers zu sehen. Baumann begann Anfang der 1950er Jahre  zu fotografieren, wandte sich in den 1960er Jahren mehr der Kunst zu und begann sehr früh und innovativ mit Licht und Laser zu arbeiten.

Er konzipierte die weltweit erste permanente Laser-Licht-Skulptur Laserscape  im öffentlichen Stadtraum, die 1977 zur documenta in Kassel realisiert wurde.

Wenn ich mich richtig erinnere, was mir Hans-Michael Koetzle Kurator o. g. Ausstellung erzählte, sollte ursprünglich Sony die Zeitskala am Rheinturm finanzieren. Doch die sprangen ab und Baumann hat das selber finanziert und sich damit wohl auch etwas übernommen.

(Falls das nicht stimmt, liegt das an meinem schlechten Gedächtnis, oder an meiner Phantasie.)

 

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