Auszeit im Norden – Teil 1

Dieses Jahr war nicht besonders gut zu mir. Irgendwann hatte ich mir überlegt, mir mal für vier Wochen eine Auszeit zu nehmen. Zu Beginn hatte ich überhaupt keine Idee, wohin ich wollte, irgendwann kam mir dann in den Sinn, ich fahre Richtung Norden, vielleicht Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, dann saß ich vor der Karte und dachte, ach guck, Dänemark, ich wollte immer schon mal nach Falster und dann dachte ich, wenn ich schon mal da bin, kann ich auch nach Kopenhagen und wenn ich schon mal da bin kann ich auch dorthin … Ursprünglich hatte ich das für September geplant, aus Gründen ist es dann Oktober geworden und wegen Wetter bin ich nach drei Wochen zurückgekehrt. Aber es war schön und hat gut getan.

In den ersten Tagen in Schleswig-Holstein war ich damit beschäftigt, den Alltag hinter mir zu lassen. Ich bin einfach durch die Gegend gefahren und gelaufen, habe mir kleine Örtchen angeschaut und war mal kurz an der Ostsee. Das Wetter war durchwachsen.

An meinem ersten Tag lief ich rund um meine Unterkunft herum und entdeckte die Mühle Grebin, die so hübsch hergerichtet ist, eine große Gastronomie hat und gleichzeitig ein Trödelladen ist. Erstaunt war ich über den Weinberg, der gleich nebenan ist. Ich wurde zur Weinprobe genötigt und war extrem begeistert von der Qualität. Ich bin ja eigentlich Team Rotwein, aber der Weißwein ist so fantastisch, dass ich eine Flasche mitnahm. Der wartet hier jetzt noch auf eine besondere Gelegenheit, um getrunken zu werden.

Ist das nur mein Eindruck, oder ist es tatsächlich so, dass es im Norden, egal ob Ost- oder Nordsee kompliziert ist, ans Meer zu komme, wenn man nicht in expliziten Badeorten ist? Entweder ist es zugebaut, Naturschutzgebiet, oder es führt einfach kein Weg ans Meer. Naja, auf jeden Fall bin ich ziemlich blöd durch die Gegend gefahren bis ich dann irgendwann mal an die Ostsee kam und da war es dann auch nur so mittelschön.

Ich lief durch Lütjenburg, Plön und Malente. In Malente wollte ich eigentlich eine 5-Seen-Fahrt machen, als ich an dem Büdchen ankam, war die aber schon ausgebucht! Wer rechnet denn mit sowas im Oktober?! Man bot mir an zu warten, möglicherweise würden dort mehr Leute aus- als einsteigen, aber ich war vielleicht auch nicht wetterfest genug angezogen und verzichtete. Ich entdeckte den hübschen Kurpark. Kurpark klingt erstmal spießig und nach abgezirkelten Blumenrabatten, aber das hier erscheint wie ein scheinbar naturnaher Park. 1966 von Karl Plomin angelegt, mit den Pavillons von Arp & Eckoldt.

Und weil ich das zufällig auf der Karte sah und in der Nähe war, sah ich mir auch noch das Gut Immenhof an. Ich war ja nie ein wirkliches Pferdemädchen, weiß gar nicht, ob ich jemals die Filme sah und Geschichten rund um Dick und Dalli und die Ponys kenne ich nur vom Hörensagen. Das Gut ist seit 2021 ein Hotel mit Pferdebetrieb.

Bei meiner Irrfahrt auf der Suche nach dem Meer – es war ein stürmischer Tag – sah ich Hinweisschilder, dass die Fehmarnbrücke wegen Sturm gesperrt sei. Ach Gottchen, sowas könnte mir ja auch noch blühen, da musste ich zwei Tage später rüber. An meinem Reisetag  war das Wetter dann aber glücklicherweise sehr freundlich.

Ich war 1971 schonmal in der Gegend. Ich hatte noch alte Fotos gefunden, auch mit der Fehmarnbrücke. Aus dieser Zeit stammt auch noch ein Reiseführer, den ich u. a. auch mitgenommen hatte. Mein Plan war, ein bisschen auf Fehmarn rumzufahren, bevor es dann am Nachmittag mit der Fähre nach Falster ging. In diesem Reiseführer hatte ich die Beschreibung eines Leuchtturms entdeckt, den ich nun besuchen wollte. Es stellte sich dann heraus, dass man den gar nicht mehr direkt anfahren konnte, das Parken kostenpflichtig war und man vom Parkplatz noch ein gutes Stück gehen musste. Das war mir dann aus Zeitgründen zu doof. Des Weiteren wurde ein nettes Hafenstädtchen beschrieben, dahin fuhr ich im Anschluss. Nojo, so hübsch war es nicht, es war kalt und usselig, deshalb setzte ich mich in eine hübsche und muckelig warme Strandbar, trank einen Kaffee und war etwas ratlos. Ich checkte mein Fährticket und sah, dass es flexibel war und entschied, einfach früher nach Falster zu fahren.

Diese ganze Fährennummer fand ich ziemlich aufregend. Und nachdem ich seit Jahrzehnten auf keinem Schiff mehr war, stellte ich fest, dass meine Neigung zur Seekrankheit auch nicht verschwunden war. Mir war nach nur 10 Minuten schon recht blümerant. Glücklicherweise dauerte die Fahrt nur knapp 45 Minuten und ich ging die ganze Zeit tief atmend auf dem Deck auf und ab. Zwischendurch musste ich mich drinnen mal aufwärmen und hinsetzen. Um mich abzulenken nnd weil mir einfiel, dass ich in ein Königsreich fahre, habe ich mich kurz ins dänische Königshaus eingelesen. Mir fiel auch wieder ein, was ich schonmal wusste, nämlich dass Königin Margrethe II. ganz schön cool und sehr kreativ ist. Sie hat unter einem Pseudonym die dänische Ausgabe von John R. R. Tolkiens „Herr der Ringe“ illustriert, entwarf Kirchengewänder, Theaterkostüme und Bühnenbilder.

In Rødbyhavn gelandet fuhr ich direkt zu meiner Unterkunft bei Eskilstrup. Und hier hatte ich das bestimmt schönste Ferienhaus, in dem ich jemals war. Ein allein stehendes Haus – schwer zu sagen, wann es gebaut wurde – in der Grundausstattung sehr einfach, aber von der Besitzerin so schön eingerichtet. Sehr minimalistisch, mit 1960er/1970er Retro-Charme. Ganz mein Geschmack! Um das Haus herum ein kleiner Garten, darin ein kleines, leider etwas verfallenes Häuschen. Früher vielleicht mal eine Werkstatt oder Schuppen? Vor dem Haus eine Hecke, in der ständig eine Horde Spatzen tobte. Das ganze Ensemble hätte ich mir am liebsten so mitgenommen, irgendwo am Niederrhein aufgestellt, um darin zu wohnen.

Ich fuhr zum Fuglsangmuseum auf Lolland. Das war eine echte Entdeckung. Mitten im Nirgendwo ein modernes Kunstmuseum auf der grünen Wiese, mit einer Sammlung dänischer Kunst von 1780-1980. Es gab eine Sonderausstellung zum Thema “Jagd”, die ausgesprochen gut gemacht war, obwohl mich dieses Thema nicht so brennend interessiert. Außerdem waren zeitgenössische Arbeiten zu sehen und noch ein paar Skulpturen. Ich verspies mein erstes Smørrebrød, was der Auftakt zur Reihe “Exzellent essen in Museumsgastronomien” war. Noch ein Spaziergang in der Gegend, dann zurück.

Ausflug zu den Kreidefelsen von Møn und Caspar David Friedrich Moment gehabt. Hier erlebte ich auch zum ersten Mal Parken mit Nummernschilderkennung. Der Parkplatz war beschrankt, als ich die Schranke anfuhr, ging sie aber gleich hoch. Aus dem Augenwinkel sah ich noch einen Text “Bei Ankunft zum Parkscheinautomaten”. Dort musste ich mein Nummernschild eintippen und schon nach K- und den beiden Buchstaben erschien es auf dem Display. Dann die ec-Karte eingeben, fertig. Bei der Ausfahrt ging die Schranke dann einfach hoch. Die parkgebühr wurde irgendwann abgebucht.  Das begegnete mir später nochmal in einem Parkhaus, dort musste man aber nochmal mit der ec-Karte auschecken. Die Türen zum Parkhaus konnte man auch nur mit der ec-karte öffnen. Irgendwie smart.

Dann ging es Richtung Kopehage …

 

3 Kommentare

  1. Es war schon herrlich, dir live auf Insta zu folgen! Ich mag den Norden sowieso. Aber natürlich ist er im Herbst manchmal ein bisschen ungemütlich. Trotzdem schön, dass du so viele Museen und so viel Gegend mitgebracht hast. Ich wünsche dir sehr, dass die Erholung noch lange anhält. Und natürlich freue ich mich auch, dass du wieder da bist und man ganz schnell mal eben auf einen Kaffee gehen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert