KultourWallonie 2023 – Chimay und Umgebung

Große Freude! Wie schon im letzten Jahr durften wir Herbergsmütter auch dieses Jahr wieder auf Einladung von Belgien Tourismus Wallonie auf #KultourWallonie gehen. Ebenfalls wie im letzten Jahr starteten wir drei jede an einem anderen Ort. Diesmal kamen wir am Samstag in Mons zusammen, dazu mehr in einem seperaten Blogpost.

Transparenz: Reisekosten, Unterbringung, einige Besichtigungen und Abendmahlzeiten wurden von Belgien Tourismus Wallonie übernommen und es wurde ein kleines Honorar gezahlt.

 

Ich startete dieses Jahr in Chimay, eine Gemeinde in der Provinz Hennegau mit knapp 1.000 Einwohnern, im Südwesten der Wallonie, nahe der französischen Grenze und ca. dreieinhalb Autostunden von Köln entfernt. Ich reiste entspannt am Mittwoch an und meine erste Verabredung hatte ich nachmittags im Schloss.

Hier lebt der 22. Prinzen von Chimay, mit seiner Frau und Mutter. Da es also quasi ein Wohnhaus ist, kann man nur im Erdgeschoss ein paar Räume besichtigen. Gitte Douwen begleitete mich kenntnisreich. Das Schloss hat eine lange und wechselvolle  Geschichte, in der u. a. die Karolinger, der Hof von Ludwig XIV. und die französische Revolution eine Rolle spielen. Es wurde mehrfach zerstört und umgebaut.  Mehrere Familien gaben sich als Schlossherren die Klinke in die Hand.

Wir wandelten also plaudernd durch die Räume, als eine weitere Mitarbeiterin erschien und meinte, sie würde mal die Prinzessin suchen, damit sie mich begrüßt. Ich so bei mir: Ja nee, klar. Sie kam nach einer Weile zurück, meinte, die Prinzessin sei unterwegs und ich könne mit ihr telefonieren. Sie tippe auf ihrem Handy rum, fragte mich nach meinem Namen, stellte mich vor und reichte mir das Handy. Also hatte ich mit der Prinzessin Françoise geborene Bautier, die perfekt deutsch spricht, einen kleine Konversation, was mich doch sehr beeindruckt hat.

Wenn ich es richtig verstanden habe, stand das Schloss vor ihrer Hochzeit mit dem Prinzen 2012 länger leer und die beiden haben dann angefangen das Haus zu renovieren. Wie mir später meine B&B-Gastmutter erzählte, haben sie damals während der Renovierung in genau in dem Zimmer gewohnt, in dem ich auch genächtigt habe! Die beiden scheinen sehr down to earth zu sein, leben ein relativ normales Leben, machen im Ort ihre Einkäufe beim Metzger und Bäcker.

Was mir im Schloss gefallen hat, ist, dass das zum Teil sehr alte Mobiliar ganz alltäglich benutzt wird. In einem barocken Schrank liegen die Tischtücher, im alten Rittersaal wird gegessen wenn Gäste da sind und in dem riesigen Kastenschrank aus der Renaissance steht das Geschirr. Bei dem Boden im Rittersaal dachte ich zuerst, dass sei ein Holzboden, aber Gitte Douwen erklärte mir, das seien senkrecht stehende Schieferplatten von 40×40 cm. Der Boden ist also 40 cm dick und das Muster wirkt ausgesprochen modern.

Hinter dem grünen Salon, der auch Ahnengalerie ist, befindet sich ein Theater, dass einem den Atem stocken lässt. Joseph II., 16. Fürsten von Chimay, beauftragte 1861 den französischen Architekten und Bühnenbildner Charles-Antoine Cambon (1802-1875) mit dem Bau. Dieser brachte Pläne des ersten Schlosstheaters in Fontainebleau mit, das 1856 ausgebrannt war. In Chimay schuf er eine Variante dieses französischen Theaters. Es fasst 200 Zuschauer und hier finden ausschließlich Musikveranstaltungen statt.

Unterkunft

Apropos B&B. Le petit Chapitre war eine der schönsten Unterkünfte, in denen ich jemals war.

Brigitte und Guy führen das Haus mit so viel Liebe und Passion, dass man sich sofort pudelwohl fühlt. Das Haus, das direkt hinter der Stiftskirche Sankt Peter und Paul liegt, gehörte ursprünglich dem Kapitel der Kanoniker von Sainte Monégonde. Brigitte war mal Antiquitätenhändlerin und hat das Haus mit sehr viel Gespür für Geschichte renoviert. Sie hat alte, vorhandene  Materialien belassen, z. B. das Eichenparkett, Marmorkamine und alte Fliesen, die typisch für die Region sind. Sogar alte, handbestickte Leinen- und Baumwolllaken hat sie in die individuell gestalteten Zimmer integriert. Ich hatte die Art Déco Variante mit Blick vom Bett ins offene Badezimmer. Der Blick aus dem Fenster auf Stiftskirche.

Der Frühstückstisch war jeden Morgen anders und immer bezaubernd eingedeckt. Leider bin ich keine gute Frühstückerin, denn das Angebot war phenomenal: frischer Smoothie, French Toast, gekochte oder gerührte Eier, mehrere Brotvarianten, selbstgebackener Kuchen, selbstgemachte Marmeladen, Käse aus der Region, …

Die kleine Terrasse vor dem Haus und den Bürgersteig haben die beiden einfach in einen kleinen Vorgarten umgewandelt.

Chimay hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein beschauliches Örtchen mit einem bisschen und gut erträglichem Tourismus. Und obwohl es auch hier einigen Leerstand gibt, macht es den Eindruck, als ob es eine sehr lebendige Dorfgemeinschaft hat. Es gibt kleine Läden, Schulen, mehrere Restaurants, Cafés und Kneipen.

Ausflüge

Der zweite Tag in der Wallonie war ein Feiertag und dementsprechend proppenvoll war es bei meinem Ausflugsziel, der Schlucht „Fondry des Chiens“ in Nismes. Ich bin dort ein bisschen durch die Gegend gewandert und habe mir Nismes angeschaut, ein ganz bezauberndes Örtchen.

Danach fuhr ich zum Aquascope Virelles,  ein Ökotourismuszentrum, das sich an einem Vogel- und Naturschutzgebiet am See von Virelles  befindet. Man kann dort gut eine Stunde lang herumwandern. Es gibt ein kleines Museum zur Flora und Fauna, eine so genannte Moses-Passage, wo man die Unterwasserwelt betrachten kann, diverse Hütten und Aussichtstürme zur Vogelbeobachtung, einen historischen und regionalen essbaren Garten, einen Naturlehrpfad wo man an einer Bienenfarm vorbeikommt. Die Bienen waren ganz emsig, denn die Apfelbäume standen gerade in voller Blüte. Ich habe ein kleines Glas Honigbonbons erstanden, das u. a. in den Büggel wandert, den eine*r von euch gewinnen kann. Dazu mehr beizeiten bei den Herbergsmüttern.

Wunderbarerweise gibt es dort auch eine kleine Gastronomie. Der Direktor gab mir bei meiner Ankunft eine Einführung zum Park und gesellte sich später beim Kaffee zu mir, wo wir noch eine ganze Weile über Gott und die Welt geplaudert haben.

Am Ende des Areals gibt es drei kleine, sehr einfache Einraumhütten, wo man übernachten kann. Das stelle ich mir wunderbar vor, abends auf der kleinen Terrasse zu sitzen und auf den See zu schauen und dann unter dem Sternenhimmel zu schlafen.

 

Am Freitag stand dann natürlich Bier auf dem Programm. Ich fuhr zur Espace Chimay – einem Museum/Shop/Restaurant/Hotel rund um das Trappistenbier von Chimay. Das Museum ist recht klein und ein bisschen strubbelig, hier hat mich natürlich wieder das Design der Gläser und Flaschen interessiert. Ein aktuelles Chimay-Bierglas kommt auch in den Wallonie-Büggel!

Von hier aus sind es ca. 10 Minuten zu Fuß durch den Wald  zur Trappistenabtei Notre-Dame de Scourmont, auf deren Gelände sich auch die Brauerei und Käserei befinden. Man kann im Kloster in den Innenhof gehen und die Kirche besichtigen. Die war aber gerade in Betrieb und weil ich nicht mit blödem Hin- und Hergelaufe stören wollte, warf ich nur kurz einen Blick ins Seitenschiff.

Danach war mir nach meinem üppigen Frühstück immer noch nicht nach Verköstigung und ich machte mich auf zu einem längeren Spaziergang. Es gibt übrigens einen Fernwanderweg der Trappisten-Abteien zu den Trappistenbieren von Chimay, Rochefort und Orval. Wenn es interessiert, hier gibt es die Beschreibung und einen GPX-Track.

Was sonst noch war

Ich juckelte ein bisschen über die Dörfer, habe viel Architektur und -details fotografiert (poste ich bei Instagram), hatte im idyllischen Haufendorf Lompret am L’Eau Blanche Kaffee und Kuchen und habe gelernt, dass man hier explizit italienischen Cappucchino bestellen muss, wenn man Sprühsahne vermeiden will. Apropos Kuchen, ich habe noch einen seperaten Blogpost geschrieben, der sich nur um Essen und Trinken dreht.

Entweder hier oder bei den Herbergsmüttern folgt noch ein kurzer Text zu Mons. Mons und ich, wir haben nicht wirklich zueinander gefunden.

Was mir in diesem Jahr extrem aufgefallen ist, die ausgesprochene Offenheit und Freundlichkeit der Wallonen. Wirklich überall waren die Menschen sehr herzlich. Ebenfalls aufgefallen ist mir – zumindest in dieser Gegend, dass fast niemand Englisch spricht. (Mit Ausnahme der Gasteltern und des Museumsdirektors). Nicht mal in der Gastronomie, auch nicht die jungen Menschen. Dennoch hat alle immer mit ein paar Brocken Schulfranzösisch und Händen und Füßen reibungslos geklappt.

 

4 Kommentare

  1. Wie schön, Ute. Jäh packt mich die Sehnsucht. Das klingt, als sollte man lieber mehr Zeit als zu wenig mitbringen. Wie schon bei der vorigen KultourWallonie finde ich es total spannend, an Deinem und Ankes Blick auf die Wallonie teilhaben zu können.

    • Die Gegend entschleunigt total!
      Und ich finde es auch fabelhaft, über euch beide noch zusätzlich andere Ecken kennenzulernen.

  2. Chimay, ist notiert! Allein schon das B&B ist genau was für mich. Und hach, die Kleinigkeiten, Fußboden, Türklopfer, Frühstücksei. So schön nochmal mit gereist. Wir müssen übrigens bald mal nen Termin zur Büggelübergabe an Barbara machen, damit die Verlosung startet.

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