KultourWallonie 2023 – Mons und ich, es war kompliziert

Mons und ich sind irgendwie nicht zusammengekommen. Obwohl es schon ein schönes Städtchen ist. Vielleicht hat mir das Unterbewusstsein einen Streich gespielt – es war zu der Zeit familiär schwierig – oder es war einfach nur der Wurm drin.

Am Samstag wollten wir drei Herbergsmütter in Mons zusammenkommen, wir hatten unseren ersten Termin um 11 Uhr mit einer Führung in der artothek. Ich habe an dem Morgen total verschlafen, so dass ich nicht rechtzeitig ankam und als ich nach meinen beschaulichen Tagen rund um Chimay nach Mons reinfuhr, war mir das dort alles fast schon zu groß, zu voll, zu trubelig.

Als ich endlich in die artothek stolperte, war die Führung gerade beendet. Aber es gab ein großes Hallo, endlich Wibke und Anke zu treffen! Wir schlenderten dann durch den Ort zurück zum Hotel und machten einen kurzen Abstecher in die Stiftskirche Sainte-Waudru, die der heiligen Waltraud von Mons gewidmet ist.

Am Nachmittag fuhren wir nach Grand-Hornu. Das hat mich sehr beeindruckt und war neben der Maison Losseau auch mein Highlight.

Es ist ein ehemaliger Kohlebergbau und Weltkulturerbe der UNESCO und liegt auf der EUROPÄISCHEN ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR dem touristischen Informationsnetzwerk zum industriekulturellen Erbe in Europa.

Architektonisch hat es nicht viel mit dem zu tun, was wir im Ruhrgebiet als Zechen oder den entsprechenden Industriemuseen kennen. Das liegt sicher auch daran, dass die Fördertürme nicht mehr stehen. Die Anlage im neoklassizistischen Stil beherbergte Werkstätten, Büros, eine Arbeitersiedlung und die Residenz der Verwalter.

“Ein dreibogiges Eingangsportal ist das Entrée zur ausgedehnten Rasenfläche des Cour ovale, das aussieht wie die Arena eines römischen Amphitheaters. Der Schöpfer dieser klassizistischen Anlage, zu der auch noch eine Arbeitersiedlung mit über 400 Häusern und ein hochherrschaftliches Fabrikantenhaus gehören, war Henri de Gorge Legrand, der seit dem Erwerb der Zeche 1810 sowohl in architektonischer als auch in technologischer und sozialer Hinsicht Maßstäbe setzte.”

Inzwischen gibt  es hier ein Museum für zeitgenössische Kunst, MACS und das Zentrum für Innovation und Design, CID, einen großen und verführerischen Museumshop und ein Automaten-Café – klingt schlimmer als es ist.

Im CID sahen wir die Ausstellung “Futuro Gentile – A kind future” von Michele De Lucchi and AMDL CIRCLE. Bis zum 27. August 2023 werden hier die Arbeiten von Michele De Lucchi und seinem multidisziplinären Studio AMDL CIRCLE (auch bekannt als Circle) – das international für seinen humanistischen Designansatz bekannt ist – gezeigt. Das 30-köpfige, generationsübergreifende Team widmet sich der Architektur, dem Innen- und Produktdesign, Grafikdesign und den Installationen.

“Die experimentellen Designobjekte von Produzione Privata, die im „Hayloft“ ausgestellt werden, und die visionären Architekturen der Earth Stations, die durch Videos und Modelle beschrieben werden, stellen die Visionen des Circle dar, um das Szenario zu konstruieren, in dem die heutige Menschheit agiert, indem sie nach neuen Ideen sucht und versucht zu verstehen, welche Bestrebungen möglich sind, und das alles im Rahmen eines größtmöglichen Respekts gegenüber dem Planeten und den anderen Menschen.”

Bei der Ausstellung “In the Instant” von Angel Vergara im Macs war ich etwas zwiegespalten. Mit der Malerei und den Videos konnte ich nicht viel anfangen, die rätselhaften Rauminstallationen haben mich allerdings sehr begeistert. (Ich bin gebranntes Kind mit Abbildungen von Kunst – müsst ihr leider googeln)

Auf dem Gelände befindet sich auch die Gruft, wo der Herr Legrand und seine Familie begraben sind. Das ist eine eigenartige Rotunde, in deren Inneren die Gräber eingelassen sind. Es ist auch noch was frei. 😉

Zweiter Tag in Mons

Am zweiten Tag Mons hatte ich morgens aus unerfindlichen Gründen eine, sagen wir mal, unerfreuliche Verdauungssituation. Anke ist für mich noch (an einem Sonntag!) zu einer Apotheke gelaufen, ich musste meine Auscheckzeit voll ausreizen und konnte dann erst gegen 11 Uhr mein Hotelzimmer verlassen.

Beipackzettel

Beipackzettel, wenn es drei Amtssprachen hat.

Anke und Wibke waren noch auf der Stadtführung, die ich also auch verpasst habe und ich tändelte zur Maison Losseau – dem Haus des Juristen Léon Losseau, der 1899 den Architekten Paul Saintenoy beauftragte, das Haus in ein Jugendstil-Gesamtkunstwerk zu verwandeln. (So lautete der Auftrag sicher nicht, aber das ist das Ergebnis). Als ich gerade mit der Besichtigung durch war, kam Anke dazu und wir sind noch einmal gemeinsam durch die Wohnung gegangen. (Erhalten und restauriert ist leider nur das Erdgeschoss).  Mich hat es total geflasht, aber ich kann nicht mehr darüber schreiben, als Anke das schon getan hat. Deshalb hier nur noch ein paar Bilder. (Unbedingt auch die Bildergalerie bei Anke angucken!)

Mittags gerieten wir dann noch in eine Aktion des Belgischen Motorradsverbands. Sie fuhren zu Hunderten! auf den Marktplatz von Mons. Es nahm überhaupt kein Ende mehr. Lärm und Gestank. Überhaupt sind mir bei dieser KultourWallonie die Motorradfahrer sehr unangenehm aufgefallen, obwohl das ja kein Problem der Region ist, denn das ist ja überall auf dem hügeligen Land so. Alle beschweren sich immer über Autos – in der Stadt, zu Recht. (Und die Innenstadt von Mons ist autofrei!) Aber ich finde Motorräder auf dem Land sind einfach nur die Pest. Aber dieser Rant gehört hier jetzt nicht hin.

Noch ein paar Worte zum Hotel: Untergebracht waren wir im “Designhotel” Martin’s Dream. Architektonisch ist das wirklich toll. Es befindet sich in einer sehr modern restaurierten ehemaligen Kirche im neo-gotischen Stil aus dem 19. Jahrhundert. Auf den ersten Blick war das Zimmer auch schön und geschmackvoll eingerichtet, Sehr großzügig, Bad und Toilette getrennt, sehr schön die kleinen integrierten Bogengänge. Aber auf den zweiten Blick waren einige Dinge nicht so prickelnd: Ich konnte in meinem Zimmer die Fenster nicht öffnen! Sie waren nicht defekt – sie waren nicht zum Öffnen vorgesehen! Für jemanden, der immer und nur bei geöffneten Fenstern schläft, der Horror. Das Bett war sehr schmal, ich schätze 80 cm, mit hohem, wackeligen Matratzenaufbau. Ich hatte die ganze Nacht Angst, herauszufallen. Mal wieder kein vernünftiges Leselicht am Bett. Das scheint sich weltweit bei 90% aller Unterkünfte durchzuziehen – unverständlich für mich. Der Zahnputzbecher war ein in Plastik eingeschweißter Coffe-to-go-Pappbecher, vielleicht noch ein Restbestand aus akuten Covid-Zeiten. Ich bin normalerweise bei Unterkünften überhaupt nicht picky, solange es sauber ist, aber wenn ein Hotel so stylish und schicky daherkommt, dann müssen auch die Details stimmen, denn eine Schnäppchen-Übernachtung ist das dort sicher nicht.

Allerdings will ich auch hier das ausgesprochen freundliche Personal erwähnen!

Mons und ich brauchen eine zweite Chance.

Drei Herbergsmütter vor dem Schriftzug "I love Mons"

Mons und ich – Symbolbild

Wibke hat bei den Herbergsmüttern eine Ode auf Mons geschrieben. 🙂

 

Über meinen ersten Teil der #KultourWallonie in Chimay, habe ich hier geschrieben und über das Essen beim Kunststrudel.

Transparenz: Reisekosten, Unterbringung, einige Besichtigungen und Abendmahlzeiten wurden von Belgien Tourismus Wallonie übernommen und es wurde ein kleines Honorar gezahlt.

 

3 Kommentare

  1. Mons ist bestimmt auch einen zweiten Blick wert. Und ja, es war ganz schön trubelig. Ich will mir gar nicht vorstellen, was los ist, wenn die ihren berühmten Doudou da feiern. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass man ein bisschen mehr Zeit braucht, die Stadt auf sich wirken zu lassen. Gerade die vielen Ausflüge von dort aus in die Umgebung sind lohnenswert. Ich bin ja auch noch zur Maison Van Gogh gepilgert, die allerdings dann auch schon zu hatte. So muss man also nochmal wiederkommen. Bestimmt gibt es noch viel mehr zu entdecken.

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