Theater im Netz II – Bühnlein brillant nach Morgen in Katar

Morgen in Katar ist abgespielt und wir begeben uns mit Bühnlein brillant sowohl auf Facebook, als auch im richtigen Leben in eine kleine Schaffenspause.

Ich hatte in meinem Beitrag zur Blogparade „Theater im Netz“ einen Nachbericht zu unseren SocialMedia Aktivitäten versprochen.

Aktuell haben wir auf Facebook jetzt 123 Fans (+ 14 in den letzten 2 Monaten), was in Anbetracht der Aktivitäten der letzten Monate ein bisschen frustrierend ist.
Die Gesamtreichweite in den letzten 28 Tagen lag bei 1.010 – wobei die Reichweite ja immer eine sehr theoretische Zahl ist.
Die Veranstaltungsseite zur Premiere hatte eine Reichweite von 3.684, die zur den zweiten zwei Aufführungen in Bergisch Gladbach 446, die zur Dernière in Essen 381.

Der Beitrag mit der größten Reichweite (612, 104 Klicks, 31 Interkationen) ist das Abschlussfoto zum „abgespielten“ Köln, gefolgt von der „Kritik“ im Kölner Stadtanzeiger zu unserer Aufführung in Bergisch Gladbach (572, 159 Klicks, 35 Interkationen). Die meisten Klicks (492) hat das Album mit den Aufführungsfotos.

 

Wir kommen durchaus auf Interaktionsraten von 4%, was sicher daran liegt, dass das ein projektbezogener Zeitraum ist und der Großteil der „Fans“ persönlich mit uns verbandelt ist.

 

Funfacts
Unsere Fans sind zu 54% weiblich und die meisten zwischen 25-34 Jahre alt (21%). Bei den Männern überwiegen die 45-54 jährigen (15%). Wir haben 4 Menschen in Australien erreicht und hatten eine Interaktion aus Polen.

 

Nachdem ich also nach der Analyse der Facebookseite von Bühnlein brillant eigentlich positiv überrascht war, was das Verhältnis von Fans und Likes angeht, habe ich mir mal im Nachklapp zu meinem letzten Post angeschaut, wie es bei anderen aussieht und habe mir meine Facebook-Theaterliste vorgeknöpft. Dort habe ich eine wilde bunte Mischung von Theatern versammelt.
Große renommierte Häuser und kleinere Stadttheater wie u. a.  das Rheinisches Landestheater Neuss [1.055]*, Schauspiel Dortmund [3.448], Schauspiel Köln [8.934], Schauspielhaus Bochum [12.164], Theater Heilbronn [2.834], kleinere unabhängige Bühnen, wie die Bühne der Kulturen, Köln [2.864], Freies Werkstatttheater, Köln [844], Theater unterm Dach, Berlin [374], Rü Bühne, Essen [336],  aber auch Gruppen, Projekte und freie Ensembles, wie z. B. Freihandelszone Ensemblenetzwerk Köln [770], Forced Entertainment [4.397] Bremer Shakespeare Company [2.482], Acting Accomplices [585], Ein Euro Ensemble [1.187], Taubenhaucher [393]

An die Zahlen der Reichweiten komme ich natürlich nicht.

In Anbetracht der Tatsache, dass gewisse Beiträge eine längere Halbwertzeit haben, habe ich eine gute Woche zurückgespult und mal quer geschaut.

Das Theater Krefeld und Möchengladbach [3.058] postet unkommentierte Fotos von Veranstaltungen, die natürlich keine oder kaum Reaktionen bekommen. Plöpp, plöpp, eins nach dem anderen. Man fragt sich, was das soll.
Ein reiner Textbeitrag vom Thalia Theater [14.447] über Tennessee Williams bekommt 2 Likes. Was ich persönlich schade finde, denn hier ist einfach nur Inhalt, vielleicht ein bisschen zusammenhangslos, aber dennoch.
Ein Veranstaltungshinweis, kurz vor knapp, (eine Stunde vor Beginn) vom Theater im Bauturm [3.315] bekommt 2 Likes (0,06%)**. Das Schauspielhaus Bochum [12.164] verweist nachmittags auf eine Vorstellung abends und bekommt dafür 12 Likes (0,09%). Das teatrier [5.232] bekommt für den Hinweis auf eine Premiere am Abend 41 Likes und 2 Kommentare (0,78%), ein anderer Veranstaltunghinweis mit Link zu einem Zeitungsartikel bekommt 4 Likes. Forced Entertainment [4.583] bekommt für einen inhaltlichen Text/Bildbeitrag 3 Likes (0,06%), das Theater Bonn [4.723] bekommt für eine Veranstaltungshinweis mit Video (und Tonnen von Hashtags) 4 Reaktionen, ein Backstagefoto des Thalia Theater [14.447] mit Veranstaltungshinweis bekommt 55 Reaktionen (0,38 %).

Wenn dann das Ensemble Taubenhaucher [393] für eine geteilte Zeitungskritik 17 Likes bekommt, ist das mit 4,3% Response schon granatenmäßig

Das Opernhaus Zürich [26.503], von dem ich weiß, dass es eine langjährige SocialMedia Strategie hat und vermutlich richtig Geld dafür in die Hand nimmt, hat bei fast allen Beiträgen weit über 100 Reaktionen, fast immer wird kommentiert und die Beiträge werden massiv geteilt (z. T. über 60 Mal)

Sind die Opernfans kommunikativer und aktiver, als Theaterfans?

Das Residenztheater München [11.850], das auch auf anderen SocialMedia Kanälen aktiv und umtriebig ist, kommt locker auf eine Interkationsrate von über 1,6 %. Andererseits irritiert ein Video der Staatsoper Hamburg [9.327], Das über 1.800 Mal aufgerufen wurde, aber nur 39 Likes erhält.

Das könnte man jetzt endlos fortführen und würde doch kein Muster erkennen. Mir fällt auf, dass so gut wie keine Gespräche stattfinden, Kommentare sehr selten sind und die reinen Veranstaltungshinweise überwiegen.

 

Mein Ensemblekollege Robert hatte ja bei meinem ersten Beitrag netterweise was zu unseren Finanzen als Kommentar gepostet.

Also lege ich hier auch nochmal die Karten auf den Tisch:

Die Produktion von Morgen in Katar hat 10.610,33 EUR gekostet.
Davon fallen 6.421,- EUR auf die reine Inszenierung (Regiehonorar, Proberaummiete, Requisiten (in weitesten Sinne)) , auf die sechs Aufführungen (Theatermiete/-provision, Rechte, Technik, Regie) fallen 4.189,- EUR.
Finanziert wurde das mit 5.180,- EUR aus Kartenverkäufen an 358 zahlende Gäste und 6.510,- EUR aus Beiträgen der Ensemblemitglieder.
Dass wir einen Gewinn erwirtschaftet haben ist sehr aussergewöhnlich und das es der erkleckliche Betrag von 1080,- EUR ist, ist geradezu enorm. Wenn man das auf ca. 150 Probestunden und 11 Ensemblemitglieder runterbricht …, well. Aber ein schöner Grundstock für die nächste Produktion – oder ein Sommerfest.

Aber das Kosten-/Einnahmenverhälnis kann sich vielleicht der eine oder andere Besucher mal auf der Zunge zergehen lassen, der sich über hohe Kartenpreise mokiert. So ist das wenn man nicht von öffentlichen Geldern mitfinanziert wird, nur in ungeförderten Häusern spielt und Selbstausbeutung ein massiver Bestandteil des Projekts ist.

Ob bei den Zuschauern „Fremde“ waren, das heißt Menschen, die keinerlei persönliche Beziehung zu uns haben, lässt sich nicht beurteilen.

Die Theater waren allesamt sehr glücklich und zufrieden mit uns und den Zuschauerzahlen, wir hätten uns von allen drei Spielstätten mehr Unterstützung bei der Werbung gewünscht, schließlich nutzt es ihnen auch, da sie an jeder verkauften Karte mitverdienen. Da ist noch viel Luft nach oben.

 

Mein persönliches Resümee (tldr): SocialWeb ist schön macht aber viel Arbeit, genau wie Kunst- und Kulturarbeit.

Eine Facebookseite als alleinigen Kanal zu nutzen und nur auf organische Reichweite zu setzen, ist sehr mühsam und macht langfristig nicht wirklich Sinn.

Die Anzahl von Fans/Followern scheint zwar immer wichtig zu sein, bedeutet aber nicht viel.

 


* Anzahl der Fans, in eckigen Klammern
** Interaktionsrate = Verhältnis von Fans zu Reaktionen, in runden Klammern

 

4 Kommentare

  1. Danke, Ute. Knallharte und sehr interessante Analyse. Das schlüsselt ja sehr selten jemand auf. Zumindest öffentlich. Und schon gar nicht im Abgleich mit dem, was andere machen und was das für einen selbst bedeutet.
    Seiten bei Facebook halte ich ja wirklich für äußerst schwierig. Dass es wichtig ist, präsent zu sein: ja. Ist immerhin inzwischen sowas wie die Gelben Seiten. Wer nicht da ist, ist nicht da oder wird als Ort oder von jemand anderem angelegt. Aber organische Reichweite über die eigene Filterblase hinaus zu erzeugen ist doch sehr mühsam.
    Twitter, Instagram und Blog (als Container für Inhalte) finde ich gerade in der Kombination immer noch am effektivsten. FB dann nur mehr für spontane Inhalte, Anekdötchen und Hinweise.

    Trotzdem fand ich selbst es klasse, Euch zu verfolgen. Und ich wäre vielleicht ansonsten nicht so neugierig auf das Stück geworden (Stichwort Dackelpause).

  2. Gelbe Seiten, gnihihi.
    Ich habe auf jeden Fall dazugelernt. Und ich werde es beim nächsten Projekt auch etwas anders angehen. Eventuell und punktuell auch etwas Geld investieren. Unsere Website soll zum Blog umgebaut werden, das ist schon in der Planung. Twitter und Instagram dazunehmen, wobei ich da etwas skeptisch bin, was Projekte angeht, aber ich probiere es einfach aus.

  3. liebe ute,

    danke für den nachklapp zu #theaterimnetz, ich nehme den beitrag noch in die blogparadenliste mit auf. https://kulturfritzen.wordpress.com/2015/11/20/theaterimnetz-blogparade/

    schön, mal einen einblick in die überlegungen anderer freier gruppen zu bekommen, in der tat ist ja schweigen eher die regel.

    ich finde eine facebook-seite in der tat schon wichtig. als visitenkarte. wibke meint, die kombination mit anderen netzwerken sei am effektivsten. ich werfe ein, dass ich instagram und twitter für eine freie gruppe, die selten etwas produziert, weniger effektiv als facebook finde. hier ist das nutzen der eigenen reichweite bei der verwendung eines festgelegten hashtags, der auf die inszenierung hinweist, sicher zielführender. (ich hab das bei #etp30 gemerkt – die twitterseite von portfolio inc. spielte da nur eine untergeordnete rolle, eine instagram-seite hat portfolio inc. gar nicht erst, das fange ich mit den kulturfritzen auf – wenn es passt – oder mit meinem privaten profil und eben einem hashtag).

    zu den finanzen: hier ist es ja doch noch eine besonderheit, dass ihr das projekt stemmt, ohne förderungen, sogar noch beiträge zahlt, die ihr als grundstock des budgets betrachtet. wir bei portfolio inc. haben zum beispiel gesagt: kein eigenes geld investieren! wenn nicht anders möglich, auch mal ohne oder mit wenig geld (sprich geringer förderung) produzieren. aber als professionelle theatermacher ziehen wir hier klare grenzen. am theaterzentrum von deutschlandsberg, wo ich mit professionellen amateuren zusammenarbeite, bemerke ich schon, dass ich engagiert werde, damit das ensemble dort mit einem profi zusammenarbeitet und impulse von außen bekommt. bei den leuten dort merke ich, dass sie bereit sind, zeit (nach der arbeit, am wochenende), aber auch geld (v.a. fahrtkosten) zu investieren, weil sie teil dieses projekts sein, sich in dem bereich professionalisieren wollen. mich erinnert das an euer bühnlein brillant.

    übrigens: wenn ich allein was ausbrüte (als kulturfritze vor allem), investiere ich gern all meine zeit, auch wenn das nur selten vergütet wird, aber das muss ich nur mit mir ausmachen und mir macht das nichts aus. ich sehe das als investition in die marke.

    herzliche grüße,
    marc

  4. Lieber Marc,
    danke, dass Du das noch mit in die Blogparade aufnimmst! <3

    Klar, die FB Seite ist unerlässlich und das, was Du zu Twitter und Instagram schreibst, sind auch meine Zweifel - eben für projektbezogenen Arbeit. Wenn man ein paar mehr Leute im Ensemble hätte, die auch im Social Web mitspielen, könnte man RotationCuration machen, das wäre dann wieder spannend. Ich lasse mir das aber nochmal durch den Kopf gehen.

    Dass ihr als Professionelle nicht mit privatem Geld spielt ist klar. Das würde ich auch nicht. Uns als (professionelle) Amateurgruppe ist wichtig, dass wir eine professionelle Regie haben. Und die soll bezahlt werden. So eine Produktion komplett ohne Privatgeld zu finanzieren, ist für uns nicht machbar. Ich glaube, keiner von uns hat Zeit sich durch den Förderungsdschungel zu kämpfen. Wir müssten min. doppelt so oft spielen und die Termine würde wir niemals zusammenkriegen (im Moment sind wir 11 Leute, das ist diesbezüglich schon grenzwertig), und so viele Besucher würden wir auch gar nicht mehr zusammenbekommen. Wir hatten bei der letzten (6.) Aufführung in Essen 25 zahlende Gäste und sind mit ca. 70 Euro nach Hause gefahren. :/

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